Dieser Artikel wurde zuletzt geändert am/vor 4 Jahren
In den 80er Jahren besetzten junge Leute leerstehende Häuser in der Hamburger Hafenstraße (zwischen Fischmarkt und Landungsbrücken). Damit begannen sie einen jahrelangen Kampf gegen den Hamburger Senat, gegen eine Wohnungsgenossenschaft – aber auch gegen den Mangel an bezahlbaren Wohnraum und gegen die Immobilienspekulation in Ballungsräumen.
Zeitweise ging es in diesem Viertel ziemlich hoch her und die Berichterstattungen in den Medien war meistens gegen diese „Roten Chaoten“ gestimmt und stellten sie den RAF-Terroristen gleich.
Aber tatsächlich boten diese Wohnungen eine Zuflucht für viele, meist junge Menschen.
Die Wohngemeinschaften in den Häusern stehen angeblich immernoch für Jedermann offen. Aber obwohl wir weder zu den Bullen, Zivis oder den anderen Arschlöchern gehören, blieben trotzdem draußen vor der Tür.
Man will ja am Sonntag Vormittag nicht stören …
Inzwischen gehören die Häuser zu einer Genossenschaft, die von den ehemaligen Hausbesetzern selbst verwaltet wird. Dennoch kommt es in der Hafenstraße immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Behörden.
Weitere Informationen zu dem Thema liefert dieser Artikel vom NDR.
Zum Schluss noch ein ernstes Wort zur Hafenstraße:
Ich kann Gewalt und Militanz nie unterstützen, egal von welcher Seite dies ausgeführt wird. Für mich ist die RAF ein einziger, krimineller Haufen (gewesen?).
Andererseits gilt auch der Grundsatz, das Eigentum verpflichtet. Und wenn Spekulanten meinen, sie müssen schöne oder nicht schöne alte Häuser und damit wertvollen Wohnraum abreißen, um an ihrer Stelle ein Schicki-Micki-Asyl zu errichten, dann ist das unmoralisch. Es sollte von gesetzlicher Seite möglich sein, dies zu unterbinden oder zumindest einzudämmen oder zu regulieren. Es gibt weltweit kaum einen Ballungsraum, in dem nicht ähnliche Probleme auf dem Wohnungsmarkt bestehen, wie in Hamburg.
Ich halte es für positiv, dass die Auseinandersetzungen in der Hafenstraße nach langem Hin und Her so glimpflich ausgegangen sind. Auch wenn ich nicht alle Aktionen befürworte, freue ich mich letztendlich schon sehr, dass die Besetzer gesiegt haben.
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Text: Hafenstraße – Bunte Zufluchtsorte in Hamburg-St. Pauli ©traumalbum.de
Alle Fotos: Hafenstraße – Bunte Zufluchtsorte in Hamburg-St. Pauli ©traumalbum.de
Hallo Sabine,
schöner Gedanke, der dir da zum Thema gekommen ist. Das Besetzen von Häusern kann ich sehr gut nachvollziehen. Leider ist auch hier der schnöde Mammon oft so unwiderstehlich, dass schöne alte Objekte, angeblich hippen und tollen Gebäuden weichen sollen. Wohnraum, vorallem bezahlbarer sollte jedoch zur Verfügung stehen, womit das Ganze zu einem Problem wird. Mein Herz schlägt da auch für Besetzer, so lange alles im Rahmen bleibt. Es sind leider oft auch schöne alte Häuser, die weg sollen, warum?
Ich suche jetzt Zuflucht auf meiner Couch ;-).
Liebe Grüße
Sandra
@Sandra: Mit Hausbesetzern ist es ja so eine Sache. De facto handeln diese gegen das Recht. Aber Wohnungsspekulanten ja auch irgendwie. Zumindest gegen ein ungeschriebenes Recht.
Ich meine, der Wohnungsmarkt in Deutschland ist eine Katastrophe, besonders rund um die Großstädte.
LG
Sabienes
Coole Fotos! Die Hafenstraßenhäuser sind immer noch ein Touristenmagnet. Die Leute stehen dann davor und machen Fotos, aber sie wissen nicht so genau was da jetzt eigentlich los ist, und was sie davon halten sollen. Der Kampf um die Häuser ging ja Jahrzehnte lang, und ich finde es auch gut, dass das so ein Ende gefunden hat, und jetzt etwas Ruhe eingekehrt ist. Leider gammeln die Gebäude zum Teil aber auch etwas vor sich hin, und wenn ich die Bewohner sehe, hab ich das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist. 🙂
Ich kenne einen „alternativen“ Anwalt, der da auch mal mitgemischt hat, dann selbst da eingezogen ist und immer noch da wohnt. Geniale Lage mit einem super Blick, direkt am Hafen, unbezahlbar diese Grundstücke, kein Wunder, dass sich die Spekulanten da noch mehr ins Zeug gelegt haben als sowieso schon.
Na ja, wir haben ja noch die Rote Flora im Schanzenviertel, das ist auch noch nicht ausgestanden… Und etliche Bauwagenplätze die der Stadtverwaltung auch ein Dorn im Auge sind. Egal, wie man dazu steht, ich finde zu einer Großstadt gehört das einfach dazu.
LG Sabine
@Teamworkart: Die Häuser sind halt sehr pittoresk und die Geschichte, die sie inzwischen haben, fast schon exotisch und nervenkitzlig. So ein Anwalt hat halt schon Glück, wenn er ein bisschen alternativ ist (oder tut) und sich dadurch eine schicke Adresse sichern kann.
Die Rote Flora habe ich auch fotografiert und wusste erst mal gar nicht, was das ist 😉
LG
Sabienes
Du hast da einen sehr interessanten Ansatz gewählt.
Das Thema Hausbesetzungen ist ja auch in Berlin immer wieder ein Thema gewesen und gerade wieder sehr akut. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich gut und gerne darauf verzichten kann und v.a. mit den Sympathisanten dieser Szene ein Problem habe, weil hier ein vermeintlich rechtsfreier Raum zum Kult gemacht wird und mehr Unruhe in der Stadt stiftet und kriminelle Energie freisetzt, als man zu einem lebendigen Großstadtleben in meinen Augen braucht. Meistens geht es dabei auch gar nicht so sehr um die Häuser selbst, sondern um das ziemlich rücksichtslose Ausleben des Selbstbestimmungstriebes. Und in dem Moment, wo solche Gegenden zur Touristenattraktion werden, hat sich das Prinzip irgendwie selbst widerlegt.
LG Iris
@Iris: Wie ich bei Sandra schon gesagt habe, ist das ein zweiseitiges Schwert. Denn wer ist hier (auf dem Wohnungsmarkt) alles ein Täter? Gäbe es die Spekulationen nicht und gäbe es bezahlbare Wohnungen in den Metropolen, hätten die Hausbesetzer auch keine Lust auf Hausbesetzungen.
LG
Sabienes
Das sehe ich bei den aktuellen Vorfällen in Berlin anders. Hier kommt es mir so vor, als wenn das vermeintlich „gute“ Hausbesetzen missbraucht wird für allen möglichen Anarcho- und Autonomenkram. Und solange Hausbesetzen illegal ist und Wohnungsspekulation legal, sind die Rollen hier zumindest rechtlich für mich klar verteilt. Ob das moralisch auch so ist, steht auf einem anderen Blatt, das sich mit dem Rechtsstaat oft nicht verträgt.
@Iris: Habe gerade in der Tagesschau mit einem Ohr etwas über erneute Auseinandersetzungen in Berlin mit Hausbesetzern mitbekommen.
Nicht schön.
LG Sabienes
wow
@vivilacht: Kannst du dich noch an die Hausbesetzungen erinnern oder ward ihr damals schon in Israel?
LG
Sabienes
Guten Morgen, Sabienes,
ich bin sehr spät dran mit meinen Kommentaren, denn ich habe mein frühmorgendliches Schreiben diese Woche durch Tanzen am Strand ersetzt. Ein toller Zufluchtsort, das kann ich dir versichern. 🙂
Ein interessantes und sehr schön bebildertes Thema. DANKE!
Du schreibst: „Gäbe es die Spekulationen nicht und gäbe es bezahlbare Wohnungen in den Metropolen, hätten die Hausbesetzer auch keine Lust auf Hausbesetzungen. Würde man diesen Gedanken weiterspinnen, kame man darauf, dass dies alles eine Frage des Bodeneigentums ist.
„Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen „Dies gehört mir“ und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: „Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, die Erde aber niemandem gehört.“
Wo Jean-Jacques Rousseau Recht hatte, hatte er Recht.
Ich wünsche dir ein ganz schönes Wochenende.
Barbara
@Barbara: Hat der gut gesagt, der Jean-Jaques!
Morgendliches Tanzen am Strand – wie verlockend …
LG Sabienes